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Distanzreiten

Distanzreiten – eine Reitsportsparte, die eher nur von einer Minderheit ausgeführt wird und wenig Anhänger hat. Auch für mich war der Distanzsport eher unscheinbar. Erst im Frühjahr 2017 habe ich diesen für uns entdeckt. Im März sind Nessaja und ich bei unserem ersten Ritt gestartet und seitdem hat uns das Distanzfieber gepackt.

Der Distanzsport als solcher ist mir aber bereits vorher bekannt gewesen. Denn eine Freundin betreibt diesen schon länger und in den vergangenen Jahren war ich das eine oder andere Mal mit auf den Ritten unterwegs um ihr zu helfen. Sie war es auch, die mich überredet hat es auch eben mit Nessaja zu versuchen.

 

Der Distanzsport als solcher hat sicher nicht immer einen guten Ruf durch unzählige Todesfälle auf internationalen Ritten. Aber ich kann durchaus berichten, dass der nationale Sport auf einer ganz anderen seriöseren Basis durchgeführt wird. Im Internationalen Sport geht es um immer höhere Geschwindigkeitsrekorde. Pferde, die bei extremen Wetterverhältnissen extrem schnell unterwegs sind und leider nur als Sportgerät angesehen werden. Aber leider ist es ja auch in den anderen Sparten oft ähnlich, sobald es um viel Geld geht, tritt das Lebewesen als solches in den Hintergrund.

 

Ich selber habe bis zu diesem Jahr nie damit gerechnet, dass sowohl das Pony wie auch ich sehr viel Spaß am Distanzreiten haben werden. Ich war immer davon ausgegangen, dass wir dazu einfach zu unsportlich sind. Ich bin davor schon die eine oder andere Reiterrallye mitgeritten und saß daher des Öfteren schon einige Kilometer am Stück im Sattel, aber so ein Distanzritt ist doch nochmal eine andere Herausforderung. Es gilt schließlich viele Kilometer in der schnellsten Zeit zu bewältigen, obwohl mein Fokus nie die schnellste Zeit ist, sondern mein Ziel ist heil im Ziel anzukommen. Gegen die superflotten Araber hat der Haflinger dann oft doch keine Chance.

 

Da ich aber vermute dass die meisten von euch, so gar keine Ahnung vom Distanzsport haben, möchte ich euch die grundlegendsten Dinge etwas näher bringen und in einem einige Fragen beantworten, die auch ich mir gestellt habe, bevor ich mich näher mit dem Thema beschäftigt habe.

 Was genau sind Distanzwettbewerbe?

 

Distanzwettbewerbe sind Ausdauerprüfungen auf einer Geländestrecke von einer bestimmten Streckenlänge unter besonderer tierärztlicher Kontrolle. Diese Wettbewerbe gibt es sowohl als Distanzritte, wie auch als Distanzfahrten. Angeboten werden die Ritte und Fahrten auf markierten Strecken oder aber auch als Wettbewerb wo der Teilnehmer selber nach Karte reiten/fahren muss. Des Weiteren gibt es die Ritte und Fahrten als Ein- oder Mehrtageswettbewerbe.

 

Ich persönlich habe bisher nur an Eintagesritten teilgenommen. Ich bin zwar einmal an zwei Tagen hintereinander geritten, aber da war jeder Tag für sich ausgeschrieben und somit waren es zwei Eintagesritte. Ich wollte auch immer gerne mal an einer Distanzfahrt teilnehmen, aber leider finden davon nur wenige statt und bisher hat sich die Möglichkeit daher nicht ergeben.

 

Welche Streckenlängen werden angeboten?

 

Einführungsritt (EFR): 25-40 km – Mindestalter der Pferde: 5 Jahre

Kurzer Distanzritt (KDR): 41-60 km – Mindestalter der Pferde: 6 Jahre

Mittlerer Distanzritt (MDR): 61-80 km – Mindestalter der Pferde: 6 Jahre

Langer Distanzritt (LDR): ab 81 km – Mindestalter der Pferde: 7 Jahre

Bei allen Pferden muss der Zahnwechsel abgeschlossen sein.

 

Nessaja und ich waren in diesem Jahr vor allem auf Einführungsritten unterwegs. Zum Abschluss der Saison sind wir dann unseren ersten kurzen Distanzritt geritten und sind sogar dabei sogar auf dem 2. Platz gelandet.

 

Wie laufen die Tierarztkontrollen ab?

 

Alle teilnehmenden Pferde müssen während der Distanzveranstaltung auf Ihre Teilnahmetauglichkeit untersucht werden. Das Pferd gilt als tauglich, wenn es nach Meinung des Tierarztes, die vor ihm liegende Strecke sofort und ohne Schaden zurücklegen kann. Alle Ergebnisse und Befunden werden in der Checkkarte vermerkt. Folgende Untersuchungen und Kontrollen werden während einer Distanzveranstaltung durchgeführt:

 

• Voruntersuchung

Wie es der Name schon sagt handelt es sich um die Untersuchung die vor dem Start erfolgt und die somit die Startfreigabe bestätigt. Das Pferd wird dem Tierarzt am Vorabend oder aber am Morgen des Wettbewerbes vorgestellt. Das Pferd wird am Halfter oder an der Trense vorgeführt und der Equidenpass ist mitzuführen, damit Identität und Alter kontrolliert werden können. Der Tierarzt führt eine vollständige Untersuchung des Pferdes durch. Insbesondere Untersucht werden Rücken, Beine, Sattel- und Gurtlage, Hufe, der metabolische Zustand, Darmgeräusche, Herz und Atmung sowie Gangwerk. Der Pulswert wird notiert und es muss auf festem Untergrund vorgetrabt werden. Schon eine leichte Lahmheit schließt das Pferd vom Wettbewerb aus.

 

• Verfassungskontrolle auf der Strecke

Während des Rittes wird in den Pausen erneut vom Tierarzt untersucht. Gemessen wird der Puls, das Pferd muss vorgetrabt werden und es erfolgt die Kontrolle von Kreislauf und metabolischem Zustand, sowie den Darmgeräuschen. Je nach Ritt darf das Pferd für diese Untersuchung gesattelt bleiben. Dies wird vom jeweiligen Tierarzt entschieden.

 

Die Mindestzahl der Verfassungskontrollen inkl. Vortraben auf der Strecke beträgt:

-          Bei EFR/KDR: 1

-          Bei MDR: 2

-          Bei LDR bis 120 km: 3

-          Bei LDR ab 120 km : 4

 

• Zielkontrolle

Bei Einritt ins Ziel wird lediglich der Puls gemessen.

 

• Nachuntersuchung

Diese findet für EFR, KDR und MDR frühestens zwei Stunden nach Zieleinritt statt. Bei LDR muss diese 30 Minuten nach dem Zieleinritt erfolgen. Hier werden dieselben Dinge untersucht wie auch bei der Voruntersuchung. Bei EFR, KDR und MDR gilt diese Untersuchung auch als Transportfreigabe. Teilnehmer von LDR müssen am Folgetag des Rittes nochmal zur Transportfreigabe.

 

Nessaja ist bisher immer Problemlos durch alle Untersuchungen gekommen. Ab und an sind ihre Darmgeräusche in den Pausen nicht ideal, aber dann bekommt sie etwas zu fressen und zur Nachuntersuchung läuft dann wieder alles einwandfrei.

 

Wie müssen die Pulswerte sein?

 

Der Pulswert muss immer unter 64 Schlägen liegen, damit eine Teilnahme am Wettbewerb erfolgen kann. Bei angekündigten Pulskontrollen unterwegs und in den Pausen muss ein Pulswert von mindestens 64 innerhalb von 20 Minuten erreicht werden. Bei Pulskontrollen auf der Strecke darf sofort weitergeritten werden, wenn der Puls diesen Grenzwert erreich hat, ansonsten kommt es zu einer zweiten Messung innerhalb der 20 Minuten bei der der Puls eben unter 64 Schlägen sein muss. So auch in den Pausen und bei Zieleinritt. Hier wird jedoch in der Regel immer ein zweiter Puls gemessen, da der Puls auch wieder ansteigen kann, wenn das Pferd zum Beispiel Schmerzen hat.

 

Die Pferde dürfen bei Verfassungskontrollen, in den Pausen und nach Zieleinritt mit Wasser gekühlt werden, damit der Puls schneller runter geht. In einzelnen Fällen bleibt der Puls in einem zu hohen Bereich hängen, was darauf schließt, dass das Pferd ein metabolisches Problem hat und wird somit vom Wettbewerb ausgeschlossen.

 

Nessaja gehört leider zur der Sorte Pferd, die einen sehr hohen Puls haben, und kommt leider oft auch sehr langsam runter, aber bisher haben wir es immer in der Zeit geschafft. Die Pulskontrollen sind immer ungefähr auf der Karte angegeben, so dass ich dann immer versuche bereits 1 km vor der Kontrolle nur noch Schritt zu reiten, damit ihr Puls dann schon soweit runter ist bei der Kontrolle, dass wir nicht viel Zeit verlieren. Auch kurz vor den Pausen, lasse ich es oft etwas langsamer angehen um dort mit einem guten Pulswert anzukommen.

 

Wie wird ein Distanzritt gewertet?

 

Einführungswettbewerbe werden immer nach Leistungsklassen oder nach Punkten (Zeit/Pulswerte) gewertet. Bei der Wertung nach Leistungsklassen werden die Teilnehmer in max. 4 Leistungsklassen eingeteilt bezogen auf die Reitzeit. Wie die Leistungsklassen genau eingeteilt sind, entscheidet jeder Veranstalter selber. Eine Platzierung innerhalb der Leistungsklassen erfolgt nicht. Die Leistungsklassen können z.B. wie folgt aussehen:

 

- LK0: unter der geforderten Mindestzeit (Ritt wird nicht gewertet)

- LK1: T5,0-T5,5 (5-5,5 Minuten Reitzeit/km)

- LK2: T5,5-T6,5 (5,5-6,5 Minuten Reitzeit/km)

- LK3: T6,5-T8,0 (6,5-8 Minuten Reitzeit/km)

 

Alle anderen Ritte werden in der Regel nach Zeit gewertet. Wer die Strecke als schnellstes bewältigt gewinnt. Wobei es auch oft zu mehreren Reitern auf ein und demselben Platz kommt, wenn diese die Strecke zusammen reiten.

 

Ich konnte mich mit Nessaja immer in die Leistungsklasse 1 kämpfen und wie oben schon mal erwähnt landeten wir auf dem ersten KDR auch auf dem 2. Platz.

Ihr seht Distanzreiten ist kein wildes Rennen ohne Kontrolle, sondern es ist super viel geregelt und die Untersuchungen sorgen dafür, dass die Pferde eben so gesund wie möglich im Ziel ankommen. Natürlich gibt es auch hier immer wieder Ausfälle, was sicherlich auch damit zusammenhängt, dass die Tierärzte streng kontrollieren.

 

Der Distanzsport ist ein Hochleistungssport, bei dem, dem Pferd eine Höchstleitung abgefordert wird. Auch als Reiter kommt man ganz schön ins Schwitzen, denn ein Distanzritt ist kein gemütlicher Wanderritt. Es wird in der Regel kaum Schritt geritten. Distanzreiter traben und Galoppieren die überwiegende Zeit und meist auch egal auf welchem Geläuf. Nessaja mag am liebsten feste, harte Wege, da sie da am besten vorankommt. Es ist ganz normal auf Asphalt zu Traben und auch zu galoppieren und unsere Pferde werden darauf trainiert, sodass hier keinerlei körperliche Beeinträchtigungen entstehen.

 

Nun aber noch was zum Training, in der Saison trainieren wir zuhause auf Kurzstrecken. Ich reite 2-3 Mal die Woche aus und lege dabei 10-15 km zurück. Selten mal längere Strecken. Ab und an mache ich auch nur einige Kilometer lag Trab- oder Galopptraining. Nessaja ist eher ein Trabpferd, im Galopp geht ihr Puls immer recht hoch, so dass ich versuche durch Galopptraining diese Kondition zu verbessern. Wir haben bei uns am Stall eine nette Strecke, die ich immer wieder hin und her reite um eben auf eine gewisse Anzahl an Kilometer zu kommen. Außerdem wird noch longiert um auch hier die Kondition zu steigern. In der Regel wird bei uns in der Woche vor einem Ritt komplett pausiert, es ist jedoch eh so, dass das Pony sich durch die Offenstallhaltung viel bewegt und eigentlich nur selten rumsteht.

 

Mit dieser Trainingsmethode waren wir in diesem Jahr sehr erfolgreich und es gibt sicherlich noch einiges was man verbessern kann, aber da tasten wir uns langsam ran und verändern eben dementsprechend unser Training.

 

Mein Ziel für die Zukunft ist es, auf die Kurzen Distanzritte umzusteigen und wenn es klappt auch mal eine mittlere Distanz zu reiten. Abwarten was die kommende Saison bringt und wie wir weiter kommen. Aber wir werden dem Distanzsport auch weiterhin erhalten bleiben, denn die erste Saison hat uns wirklich gezeigt, dass es das Richtige ist fürs Pony und mich.

 

Wer sich auch mal am Distanzsport versuchen möchte, kann dies tun. Ein Einführungsritt sollte von jedem normalgerittenen Pferd zu bewältigen sein. Wichtig ist, dass das Pferd Geländesicher ist und über eine gewisse Grundkondition verfügt. Auf der Seite vom VDD findet ihr das Reglement und auch die Veranstaltungen in eurer Nähe. Solltet ihr hier noch Fragen haben, dürft ihr mir sie natürlich gerne stellen, ich werde versuchen, diese so gut es geht zu beantworten!

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Kommentare: 1
  • #1

    Karl (Montag, 02 September 2019 03:04)

    Guten Morgen,
    ich suche nach Anhaltswerten für Distanzzeiten bzw. Geschwindigkeiten auf guter Strecke; und zwar betreffend ca. 10 bis 20 km, mit Unterschieden nach Rassen, vor allem für Arabisches Vollblut.
    Besten Gruß